Kieler Nachrichten
2006-11-13Wer ist Anne, Anna, Annouschka?
Beate Jänicke
Filmographie: "Der neue Anny"Wer war Anne? Auch die schräge Öko-Truppe "macht sich ihr Bild"
Kein Drama im herkömmlichen Sinne liefert das Stück des britischen Erfolgsautors Martin Crimp, Angriffe auf Anne, sondern einen faszinierenden Text ohne feste Rollen und Regieanweisungen. Das theater augenblicke baute daraus eine spannende Theater- und Multimedia-Collage, deren Premiere im vollbesetzten Dela-Möbelhaus begeistert aufgenommen wurde.
Ein Kaleidoskop aus Fotoschnipseln leuchtet im Bühnenhintergrund: Augen und Lippen einer Frau, die sich immer aufs Neue zu einem Muster zusammenfügen, das im nächsten Moment wieder zerfällt. Die leinwandgroße Computeranimation (Bernhard Teske/ Wiebke Christophersen) illustriert, worum es geht im neuen Stück des theaters augenblicke: Anne, die nie sichtbare, aber ständig im Mittelpunkt stehende Hauptfigur, von der sich jeder sein eigenes Bild macht, das doch nur die eigenen Erwartungen reflektiert. Wer ist diese Anne, Anna, Annouschka, Anneke? Geheimnisvoll zwinkert ein pixeliges Popartbild den Zuschauern zu: Psychiatriepatientin, Künstlerin, missbrauchtes Kind, Filmstar, Terroristin gar? Siebzehn Szenarien, mal minutenkurz, mal beinahe ein Mini-Drama; als klassisch strenger Schauspiel-Monolog oder als ausgeflippte Musikrevue-Einlage mit LiveGesang, eingerahmt und aufgepeppt durch Computer-generierte Bilder und Videosequenzen (Mathias Denker / Peter Leder) präsentieren Regisseur Walter Arnold und sein Team. Der Schwerpunkt der ideenreichen Inszenierung liegt aber dennoch im Theatralen.
So vielfältig und fantasievoll wie die behaupteten Identitäten der Anne sind auch die Mittel, sich ihr zu nähern. Die zwölf Darsteller agieren sehenswert und präzise, die Wirkung der Inszenierung entsteht als Gesamtbild, als Ensemble-Leistung. Ein Wechselspiel der verschiedenen Stimmungen: Grotesk, wenn drei Köche in einem Fernsehstudio, angeheizt von der aufgedrehten Moderatorin, Annes Gräueltaten herunterrattern und dazu im Stakkato Obst spalten, als läge die Missetäterin persönlich auf dem Hackklotz. Besonders, stark auch die Monologe einer Gefangenen im Verhör und einer minderjährigen Pornodar stellerin, die tränenerstickt von den Vorzügen ihres Berufs schwärmt. Am Ende weiß man zwar immer noch nicht, wer eigentlich Anne ist, aber in den Beschreibungen über sie spiegeln sich Bilder unserer Welt.
www.theater-augenblicke.de
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